Windenergie in Deutschland – wo stehen wir?

Windenergie in Deutschland

21. November 2022

In absoluten Zahlen ist Deutschland Europameister beim Ausbau der Windenergie. Ende 2021 lieferten 29.731 deutsche Windkraftanlagen 63.924 Megawatt Strom, was 23 % des deutschen Strommixes entsprach und auch der größte Anteil am Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland war. Im gesamten Strommix hingegen erreichte die Windkraft nur Platz 2 nach den Kohlekraftwerken. Noch eine Zahl ist interessant: Die Windenergie sparte in Deutschland 87 Millionen Tonnen CO2 ein.

Windenergie 2022

Der Stand der Betrachtung ist nun der November 2022. Im bisherigen Jahresverlauf stieg die Stromerzeugung aus Windenergie gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres an. Das Plus betrug 18 %. Dieser positiven Entwicklung, die teilweise auch dem Wetter geschuldet ist, steht ein verhältnismäßig schwacher Nettozuwachs an Windkraftanlagen gegenüber. Es wurden bis Mai des laufenden Jahres 99 neue Windkraftanlagen mit insgesamt 407 MW gebaut, doch es wurden auch 48 Anlagen mit 56 MW stillgelegt. Dies reduziert die Leistung des Nettozubaus auf 351 MW.

Zahlen zum Zubau an Windkraftanlagen (onshore und offshore) und zur Windstrom seit 2019

  • Jahr 2019: Stromerzeugung 126 TWH, Zubau 2.189 MW
  • Jahr 2020: Stromerzeugung 132 TWH, Zubau 1.650 MW
  • Jahr 2021: Stromerzeugung 122 TWH, Zubau 1.716 MW
  • Jahr 2022: Stromerzeugung 68 TWH, Zubau 351 MW (Stand: Ende Mai 2022)
Windenergie in Deutschland
Windenergie in Deutschland

Wie hat sich der Windenergieausbau in den letzten Jahren entwickelt?

In Deutschland hatte der Windenergieausbau bis 2016 Spitzenwerte erreicht. Dann wurde 2017 das sogenannte Ausschreibungsmodell eingeführt. Dieses bestimmt auf wettbewerbsrechtlichem Weg die finanzielle Förderhöhe für Windkraftanlagen. Die Bieter nennen für eine bestimmte Leistungsgröße den Förderwert in €/MWh. Nach diesem wird die gleitende Marktprämie berechnet. Wenn die gebotene Menge sämtlicher am Ausschreibungsverfahren teilnehmenden Anbieter die Ausschreibungshöhe in MW übersteigt, erhalten die Anbieter mit dem niedrigsten Förderwert den Zuschlag. Solche Verfahren sind in anderen Bereichen und speziell für die erneuerbaren Energien in anderen Ländern längst üblich.

Deutschland hatte bis 2016 ohne dieses Ausschreibungsverfahren auch recht teure Anlagen gefördert, musste dann aber auf jüngere europäische Beihilferichtlinien aus dem Jahr 2014 reagieren. Damit sank die Förderung und damit auch der Zubau von Windkraftanlagen in Deutschland. Die Beratungsgesellschaft Deutsche WindGuard ermittelte einen Rückgang der Neuinstallationen zwischen 2017 und 2021 um 74 %. Den größten Rückgang gab es 2017 und 2018, dann stiegen die Neuinstallationen wieder etwas an, aber nur sehr geringfügig. Der Zuwachs zwischen 2020 und 2021 betrug nur 4 %. Die Deutsche WindGuard ermittelt sehr genaue Zahlen und berücksichtigt auch Repowering-Anlagen, für die ältere Anlagen abgebaut wurden.

Ausbauziele für die Windenergie in Deutschland bis 2030

Im Frühjahr wurde das jüngste EEG 2022 verabschiedet. Es sieht einen Ausbau der Windenergie an Land bis 2030 von 100 GW vor. Im WindSeeG (Windenergie-auf-See-Gesetz) ein Ausbau der Offshore-Anlagen von 30 GW bis 2030 festgeschrieben. Diese Ziele gelten als ambitioniert. Der gegenwärtige Bestand würde sich damit mehr als verdoppeln (exakt um 103 % erhöhen). Aktuell gestaltet sich aber der Zubau wegen der geltenden Rahmenbedingungen sehr schwierig. Indes hat das Fraunhofer ISE ermittelt, dass dieser Zubau nötig ist, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will.

Die Realitäten in der deutschen Windenergiebranche

In der Realität sind selbst kleine Zubaumengen durch die beschriebene Ausschreibungspflicht, aber auch durch Abstandsregeln und durch Klagen von Anwohnern gegen Windräder nur schwierig zu realisieren. Die Probleme entstanden durch die Summe vieler politischer Entscheidungen. Neben der Einführung der Ausschreibungspflicht wurde auch der jährliche Zubau strikt begrenzt. Das EEG schreibt zudem schon immer eine Degression (Senkung) der Vergütungssätze vor. Die Abstandsregeln verhindern vielfach die Errichtung von Windparks.

Die Windenergiebranche musste daher in den letzten Jahren Einbrüche hinnehmen. Weitere Erschwernisse ergeben sich durch komplizierte Genehmigungsverfahren, die häufig durch Anwohnerklagen zusätzlich ausgebremst werden. Es gibt dabei auch regionale Unterschiede. So verzeichnet Norddeutschland in den letzten Jahren einen leichten Aufwärtstrend beim Zubau, während in Süddeutschland ein Tiefststand bei Windkraftgenehmigungen erreicht wurde.

Als größter Bremser galt bis zum Herbst 2022 Bayern mit der 10H-Regel. Diese schrieb vor, dass ein Windrad in einer Entfernung von der nächsten Wohnsiedlung aufgestellt wird, die dem Zehnfachen seiner Höhe entspricht. Seit dem 16. November 2022 wurde nun diese Regelung aufgehoben. Künftig dürfen in Bayern Windräder mit dem einheitlichen Mindestabstand zu Wohngebieten von 1.000 Metern gebaut werden. Die Abstandsregel gilt künftig auch nicht an Autobahnen und Eisenbahnstrecken, im Wald und in Gewerbegebieten. Die bayerische Landesregierung rechnet damit, dass wieder viel mehr Windräder in Bayern genehmigt und gebaut werden dürften.

Abstandsregeln erschweren allerdings auch in anderen Bundesländern den Windkraftausbau. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat aber umgesteuert und den Ländern Flächenziele für den Windkraftausbau vorgegeben. Ein bemerkenswerter Fakt am Rande ist, dass die deutsche Bürokratie sogar den Offshore-Windkraftausbau deutlich erschwert. Auf See stören die Windräder immerhin niemanden. Dennoch befinden sich 2022 überhaupt keine Offshore-Projekte vor den deutschen Küsten im Bau.

Bedeutung der Windkraft für den Klimaschutz

Die Treibhausgasemissionen Deutschlands machen rund Fünftel der EU-weit ausgestoßenen Emissionen aus. Für das Jahr 2021 berechnete das deutsche Umweltministerium 762 Millionen Tonnen durch Deutschland emittierte CO₂-Äquivalente, von denen 34 % (259 Millionen Tonnen) aus der Energiewirtschaft stammten. Windenergie reduzierte hingegen die Emissionen um 87 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Das bedeutet: Bei reiner Betrachtung des Energiesektors senkt die Windkraft die CO₂-Emissionen um ein Drittel.

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